E I N L A D U N G Z U R A U S S T E L L U N G
Man kommt nur über sich zu anderen*
Die Schaffung von Kunst und Ihre Rezeption beim Betrachter ist seit Menschengedenken als magischer Prozess verstanden, da er dem Künstler göttliche Energie zumisst und den Betrachter in ein Mysterium einlädt. Mathematik, Philosophie, Psychologie, Astrologie und Alchemie sind im gesamtheitlichen Denken Teile der Magie, die den Früchtekorb der Sinngebung enthält. Kunst als Werkprozess beruht ja nicht in erster Linie auf tiefgreifender wissenschaftlicher Analyse, sondern auf unbewussten oder nur beiläufig aktivierten Erfahrungswissen, dem man allerdings häufig eine unangemessene Geringschätzung entgegenbringt. Kunst ist nicht Ergebnis eines geistig intellektuellen Prozesses, weder in der Erstellung noch die Rezeption, sondern führt uns in Bereiche, die dem Intellekt bisher verschlossen sind. Ihre Bedeutung erfährt Kunst letztlich durch die Freilegung emotionaler Intelligenz, die eine möglichst anhaltende tiefe Auseinandersetzung ermöglicht.
Je spannender dies gelingt, umso besser gerät die Kunst und die Selbsterkenntnis durch sie – sowohl für den Künstler als auch für den Betrachter. Zolper ist ein Künstler, der dies von vornherein begriffen hat und sich seit Jahrzehnten mit seiner spezifischen eklektizistischen Ikonologie der Geringschätzung des Kleinsten entgegenstellt – als Maler, Graphiker, Bildhauer, Performer, Musiker, Filmemacher und engagierter Verfechter einer kunstbasierten Philosophie. Innerhalb seiner Bild- und Vorstellungswelten wird ein Weg zu höchsten Gipfeln der Freude, des Wahns und der Glückseligkeit wie auch in die Schluchten der Verlassenheit und der tiefsten Winkel der eigenen Seele begehbar. Es ist dabei weniger die Ruhe, die er ausstrahlen würde, denn er ist ein unruhiger steter Geist, sondern eine sensible Mischung aus Empathie und Ironie, die den Betrachter ernst nimmt und ihn in Spannung versetzen kann und unter Spannung hält. Geradezu den Gesetzen der Physik folgend inszeniert er immer aufs neue und mit impulsivem Verve Begegnungen unterschiedlicher Bild-welten, die zuvor noch in keinem Verhältnis zu einander standen. Wie in ein Märchenland lädt er den Betrachter dazu ein gewohnte Verhältnisse zu verlassen und ihn auf befremdlichen und oftmals irrwitzigen Wegen zu begleiten. Wer sich auf seine Verlockungen einlässt, dem widerfährt etwas Seltsames. Anstatt sich zu entfernen taucht er ein in den Strudel unbekannter Welten seiner selbst. Auf diesem Weg mahnt oder verweigert Zolper nicht, sondern er sieht seine Aufgabe als Künstler darin auf Unterschiede und deren mögliche Zusammenhänge hinzuweisen. Damit bricht er manches eingefahrene Bild des Betrachters auf, denn im kleinsten gemeinsamen Nenner weist er auf Gesehenes, bisher aber nie Wahrgenommenes hin. Dem Betrachter ist eines stets gewiss, Zolper irritiert, er liebt die Verunsicherung, auch den schönen Schein – aber er langweilt sich nie.
*Auszug aus Damen-Kult, Katalog Dettmer Art Projects. (c) Peter Merten, ArtForum Editions.
Ausstellung: 30.08.20 – 11.10.20
Vernissage: Sonntag, 30.8.20 11 bis 14 Uhr
Michael Horbach Stiftung
Wormser Straße 23
50667 Köln
Mi. und Fr. 15.30 – 18.30 Uhr, So. 11 – 14 Uhr, sowie nach Vereinbarung, Tel. +49 (0)221 2999 3378